Das infernalische Duo
Endlich, zur Sonne ist auch Kathi eingetroffen und macht diese Stadt noch viel schöner. Denn ohne sie hätte ich mich die vergangenen Tage sicherlich nicht so weit aus dem Haus getraut und die Stadt erkundet. Ich wäre zwar jetzt noch um einige Lira reicher, aber um hunderte von Eindrücken und Erfahrungen ärmer!
Doch der Reihe nach. Mittwoch Abend kam Kathi mit Türkish Airlines im Direktflug von Hamburg nach Istanbul Atatürk um 22:45 an. Ich hatte zum Glück schon gerallt, dass sie Verspätung hat und machte mich erst mit Verzögerung auf. Dank Google Translate und Zettel und Stift konnte ich unserem Security Fritzen vor dem Wohnhaus bitten, dass es mir ein Taxi zum Flughafen ruft. Das gelbe asiatische Dings da war auch prompt da und freute sich sichtlich, dass es mal auf die europäische Seite gehen sollte. Fahrgäste sitzen in Istanbul in aller Regel immer hinten und werden nur sehr selten auf dem Beifahrersitz geduldet. Kein Thema, dieses englische Sitzplatzmodell fühlt sich ja herrlich mondän an, also Gepäck verstauen, dem Fahrer klar machen, dass Taxameter Pflicht ist und anschnallen… Nachdem ich ca. 10 Minuten mich abgemüht habe zum Gurt das passende Gurtschloss auf der Rücksitzbank zu finden, stelle ich fest, dass auch der Fahrer seinen Gurt hinter seinen Sitz verknotet hat und sich von derartigen Dingen nicht beengen lässt. Nun gut. Sicherlich macht das irgendwie Sinn und ist mir spießigem Nordeuropäer einfach noch nicht klar…
Über die Brücke geht es mit 90 Sachen und dann kaum auf euopäischem Boden drückt Üyürtün Sünnas kleiner Bruder richtig aufs Gas. Da die meisten von euch ja ungefähr gleich alt seid wie ich, solltet ihr euch eigentlich an die verschiedenen Glücksspielautomaten der Anfang-90er Zeit von Konami und Sega erinnern. Bis Ende der 90er wurden die Dinger mit Lenkrad, Pedalen und Schaltung gerne in Diskotheken und Campingplätzen verbaut um dort pre- und postadoleszenten Jungmännern im Hormonrausch die letzten Zweimark aus der Tasche zu ziehen. Je nach Level musste man alleine oder gegeneinader einen Stadtkurs abbrettern. In höheren Leveln auch gerne bei Nacht. 5 spurig, teils Gegenverkehr und immer langsamere Verkehrsteilnehmer als Hindernisse. Geschicktes Bremsen und Sliden ermöglichte einem Rundenbestzeiten. Das ganze wurde durch einen debitilen 16-Bit Soundtrack untermalt, der noch die Drehzahl des vermeintlichen Motors immitierte. Heute findet man solche Perlen nur noch auf englischen Kanalfähren und in Kölner Spielunken (;-)) Warum ich so lange aushole? Mir ist bei der Fahrt zum Flughafen in dieser Nacht klar geworden, woher sich die Entwickler die für derartige Szenarien ihre Anregungen geholt haben. Türkische Taxifahrer heizen ähnlich komisch, wie 14jährige Discogänger virtuell nach 5 Red-Bull und 42 Cola zuviel. Dazu wird auch erst immer am Drehzahlbegrenzungspunkt weiter geschaltet. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Taxen allen über mehr als vier Gänge verfügen. Das Resultat ist aber ein Motorheulen, das sehr sehr nahe an dem legendären 16-Bit Sound unserer Jugend liegt…
Seis drum, ich habs überlebt, zahlte sogar den vom Internet als Fair bezeichneten Fahrpreis und konnte mich ans Terminal stellen. Bzw. das versuchen. Denn das Auffinden des Einganges war doch nicht so einfach, wie man sich das vorstellt. Überall vor den Türen lange Warteschlangen und dahinter schon die Sicherheitskontrollen mit Gepäckröntgen und so weiter. Kurz um, ich musste erst drei mal um das internationale Terminal schleichen, auf der Suche nach einem vermeintlichen Gast-Eingang, der nicht direkt zum Gate führt, bis ich geschnallt habe, dass in der Türkei scheinbar jeder Besucher des Flugplatzes erst mal gescannt wird.
Um diese Erfahrung reicher ging es dann an den Ausgang, wo ich sehnsüchtig auf Kathi wartete. Zum Glück ging bei ihr die Passkontrolle deutlich schneller und nach ca. 40 Minuten kam sie dann raus. Unser Taxifahrer zurück nahm leicht andere Wege nach Asien, als ich das bisher gewohnt war und entsprechend groß war meine Anspannung, die es dann gleich schaffte, dass Kathi ob der meinen Anspannung auch noch angespannt wurde. Wir haben es dann doch noch nach Hause geschafft und dank Google Maps uns nur zweimal verfahren. Teurer war es eigentlich auch nicht. Immerhin. Das Fazit: sobald wie möglich einen türkischen Provider suchen, damit man sich den Luxus von Google Maps öfters gönnen kann!
Um halb eins fallen wir dann ins Bett und ruhen uns für eine anstrengende aber hoffentlich wunderschöne Woche aus!
Stay tuned!
Kathi und Raoul