Europe? Only for the faint hearted!
Zweiter Tag mit Kathi. Anstelle von Touriprogramm entscheiden wir uns, die Nachbarschaft zu erkunden. Diesen Entschluss haben wir lange diskutiert und festgestellt, dass Europa was für Sissis mit Programmheften ist. Jeder Führer spuckt einem Tausend Infos zur Westseite des Bospurus aus. Unser Lonely Planet und der Baedecker spucken geradem mal 2 (sic!) Seiten für das Ostufer aus.
Während es drüben im goldenen Westen eine SBahn gibt, kennt man hier nur Metrobüs. Das ist so ne Art Sbahn für Arme. Man stellt einfach in die Mitte der Autobahn ne Mauer auf und begrenzt damit zwei spuren. Anstelle von Schienen gibts neuen Asphalt und darauf donnern dann Linienbusse mit Tempo 100 die einzig freie Strasse runter. In den Dingern darf auch nicht ohne Grund nur gesessen werden…
Ach ja, die da drüben haben auch Stadtpläne und einen Buslinienplan. Sowas gibt es hier nicht. Wohin was fährt ist völlig unerklärlich und wie man wo hin kommt, ist für den der türkischen Sprache Unkenntlichen einfach schlicht ein vollkommenes Mirakel. Dazu hat man dann auch noch die Wahl zwischen Minibüs, privatem Bus und öffentlichem IETT Bus.
Ach ja, apropos Sprache: in dem Führer wurde mir versprochen, dass auch wirklich jeder in dieser Stadt Englisch oder Deutsch könne. Mir war ja klar, dass die von den Verlagen das nicht wirklich bei jedem nachprüfen können, bevor sie sowas schreiben. Allerdings hätte ich erwartet, dass die Herren Autoren einfach mal ihren Hintern über die Brücke schwingen und checken, ob ihre Behauptungen auch auf dem asiatischen Kontinent haltbar bleiben. Wenn sie das nämlich mal gemacht hätten, wäre dieser Satz wirklich NIEMALS in einem Reiseführer aufgetaucht. Hier spricht wirklich NIEMAND fließend englisch und erst recht nicht deutsch! Wenn jeder 10 mal ein paar Brocken englisch kann ist das schon ein Lichtblick. Das soll jetzt aber kein Geheul sein. Im Grunde härtet es ab, bringt einem schneller zum Lernen und man freut sich jeden Tag über ein paar Vokabeln mehr. In der fünften Klasse ist mir sowas schon mal passiert, da haben mich meine Eltern in einem französischen Bergdorf ausgesetzt wo kein Mensch allemand sprach… Mal schauen, ob die Erfahrung hier ähnlich nachhaltig wird…
All das zusammen hat dazu geführt, dass Kathi und ich beschlossen haben, dass wir heute eben auf Naherkundung gehen und die Lücken in meinen Regalen schließen. Klar, dass dabei auch wieder Listen mit im Spiel waren, die wir sorgsam abarbeiteten. Putzmittel, Klopapier, Bürsten, Waschmittel und so weiter… Die Grundausstattung wächst. Dabei haben wir jede Menge toller Eindrücke gesammelt. Hochzeitskleiderstrassen, Auqaristikshops, Hinterhofbazars mit Spottpreisen im Vergleich zu europäischen Tourineppereien, sagenhafte Supermärkte mit spannenden Speisen und ein irres Angebot an tollen Früchten, Gemüsen und Gewürzen. Das ganze spottbillig! Selbst Gaarden ist teurer
Während wir uns mit Minze, Yogurt und Käse eindecken bricht auch gleich die Stromversorgung in einem kleinen Supermarkt zusammen. Macht aber nix, man kennt das und ist gerüstet, nacheinander werden die Stromaggregate angerissen, die Kassen mit dem Ersatznetz verbunden und die Kühltheke gesichert. Währenddessen leuchten sich die restlichen Kunden mittels Smartphones (was hat man eigentlich vor deren Erfindung bloss gemacht??) und Feuerzeugen munter durch die Regalgassen auf der Suche nach den letzten Besorgungen. Wir ziehen nach einer Weile glücklich mit sehr leckeren Feigen, einer Apfelbombe (für eine Granate schon zur groß), jeder Menge Minze und diversen Putzmitteln weiter. Apropos Putzmittel. Die unseren standen direkt neben einem ähnlich drein blickenden Europa-Produkt, das ungefähr doppelt so teuer ist. Pustekuchen, wer braucht schon CilitBang, wir setzen auf die asiatisch-orientalische Version zum halben Preis. Bis dato sind auch bei uns noch alle Finger dran, dafür geht das Putzen viel behänder und man fliegt durch die Wohnung
Schnäppchen des Tages: In einem typischen türkischen Hinterhofmarkt mit allerlei Krimskrams (Ay-Shop) finden wir ein tolles Tablett, das auf dem Bazar noch 120 Lira hätte kosten sollen, für 15 Lira. Im Spareifer wird zugeschlagen, auch wenn wir jetzt merken, dass wir egal bei welchem unserer Koffer ein Transportproblem haben werden. We will see!
Während wir den Abend bei super Oliven, Feta und Dürrum ausklingen lassen, siniere ich darüber wie unfair der liebe Gott ist, dieses Land mit jeder Menge toller und günstiger Minze sowie sagenhaftem Rohrzucker zu segnen, aber beim Rum zu sparen. Immerhin habe ich einen Alkoholladen ein paar Strassen weiter gefunden. Anstelle Rum gab es Effes und eine Flasche Raki. Keine Sorge, extra mit Steuerbanderole, damit Justita und die betriebswirtschaftliche Forschung auch in Zukunft nicht blind voran schreiten müssen!
Zu guter letzt hat Kathi noch mittels Pons-Lexikon die Waschmaschine und den Trockner in Gang bekommen. Während wir bloggen, wundern wir uns wie lange die Dinger noch laufen werden.
Wenn wir es raus bekommen haben, werden wir es euch aber sicherlich mitteilen. Morgen steht noch mal goldenes Horn auf dem Programm, eventuell Hamam oder eben Sefa-Restaurant. Ein tolles Restaurant auf dem höchsten Punkt Istanbuls, ein paar Strassen weiter. Obwohl es im Lonely Planet und im Baecker steht, kommen wir noch nicht so ganz klar, ob das nur für Gruppen ist, oder auch so buchbar. Wir werden dran bleiben!
Bis dahin liebe Grüße! Gülle Gülle!
Kathi und Raoul