Nothing new, but a lot of the real old stuff!

On 30. August 2012 by rkuebler

Endlich! Endlich habe ich es geschafft. Knapp ein Jahr ist es nun her, dass ich mich mehr als naiv von Kiel aufgemacht habe. Aufgemacht in den nahen Osten. Eine Metropole, die mir damals fremd war. Und die ich schnell lieben gelernt habe. 17 Millionen Einwohner, jede Ecke mit einer neuen Überraschung und jeder Tag mit mehr als einer Herausforderung. Sprache, Transport, Wetter, Kultur, Kleidung, Religion, selbst die Zeit waren anders als zu Hause…

 

Und dann die Uni. Das wundervolle Land von Oz(u). Ein Kreis von Kollegen, wie man sie sich nur wünschen kann. Kameradschaftlich im Umgang, hart in der wissenschaftlichen Kritik und ehrgeizig wie Dagbort Duck und Mc Moneysack zusammen. Die 6 produktivsten Monate meiner kompletten Promotion habe ich ohne Frage am Bospurus erlebt. Noch einmal vieles dazu gelernt. Übers Schreiben, übers Positionieren und ohne Frage auch übers Rechnen und Schätzen. Herrlich! Wehmut war sicherlich dabei, als ich dieses gelobte Land wieder verlassen musste. Immerhin nicht mit einem Wirbelsturm, so wie Judy Garland. Und im Gegensatz zum LSD-verwöhnten Teenagergirlie der 30er, durfte ich auch wieder kommen. Kommen um zu bleiben!

Nach erfolgreicher Verteidigung meiner Diss im Mai, endlosen Besuchen beim Generalkonsulat in HH (diese ganzen Geschichten sind schon einen eigenen Blog wert), langem Rätselraten wie man das ganze Gepäck nach Istanbul bringen könne ohne arm zu werden und zahllosen Stunden der Unterstützung und des Zuredens durch Kathi, sind wir dann auch Zusammen vergangene Woche hier gelandet. Via Turkish Airlines. Mit 130 KG Gepäck. Küchengeräte, Bücher, XBox, Apple-Family und Kieler Devotionalien. Ein wenig komisch, wenn man mit Winterjacken, Wollpullis und baltischen Segelstiefeln bei 32 Grad im Schatten landet.

Der Kram wurde von Kathi gewohnt schnell und kompetent verstaut. Danach dann erste weitere Erkundungsfahrten. Ikea, real und eine der größten Malls, die wir beide bisher in unserem Leben gesehen haben. Dazu unseren Aktionsradius erneut um ein paar dutzend Kilometer erweitert.

Nach erstem Besuch an der Uni und einer Besichtigung des neuen Campuses (noch mal ein paar Kilometer zum Aktionsradius hinzu), der doch nur 37km von meiner jetzigen Wohnung entfernt steht, dann endlich wieder Kultur. Mit der Fähre über den Bospurus ins gewohnte Eminönü. Und wie soll es anders sein. Kaum betritt man den schon fast heimatlichen europäischen Boden, zieht es einen schnurstracks – nein nicht ins Hofbräuhaus, wir sind ja keine Münchner Himmelsexilanten – in die Welt der Suks und Basare. Immerhin sind wir mittlerweile kauffest. Trotz einer Stunde Bummelei schlüpft kein noch so großes Schnäppchen in unsere Taschen und auch unser Geldbeutel wird nicht leichter. Dafür wundere ich mich über die Anpassung der Angebotspalette. Neuestes Must-Have im großen Bazar: die Beats by Dr. Dre Kopfhörer. Sehen echt gut aus. Wie die klingen, will ich aber auch echt nicht wissen… aber vielleicht teste ich es ja doch noch mal. Wenn der Konsum-Charakter wieder schwächer wird ;)

Aber heute sollte es erst einmal Kultur sein! Also ab in die S-Bahn. Auch wenn der Baedecker uns vor unserem Ziel warnt (Islamistisches Viertel, Vorsicht geboten als Europäer) lassen wir uns nicht schrecken. Haltestelle TopKapi (nicht der Palast, sondern am Rande des alten Byzanzs, am alten Stadttor der Mauern (Kapi = Tor) steigen wir aus. Das ehemalige armenisch-jüdische Viertel unterhalb der Mauer ist heute Startzpunkt der anatolischen Invasion Istanbuls. Die Häuser- und Bausubstanz entsprich dem vielbeschworenen Charme des Istanbuls der 60 und 70er. Verfall und Armut so weit das Auge reicht. Zwischen Häuserschluchten immer wieder komplette Gasse, die vom Einsturz bedroht sind, abgesperrt wurden oder einfach niedergebrannt sind. Wir werden teils neugierig beäugt, teils unverständlich angesprochen. Wohl war mir nicht immer dabei. Auch wenn es im Nachhinein sicherlich doof war und eher dem dämlichen Zitat aus dem Reiseführer geschuldet, als irgendeinem feindlichen Ansinnen.

Erstes Ziel: Das Panorama Museum 1453. Es geht um die Belagerung von Byzanz durch Mehmet den Eroberer im Jahr 1453. Dank des Namens des osmanischen Feldherrns ist auch jede Spekulation über den Ausgang der Schlacht müssig. Entsprechend des wiederaufkeimenden osmanischen Bewusstseins und des türkischen Nationalismus sind wir auch die einzigen Ausländer im Museum. Der deutsche Audioguide hilft aber hervorragend weiter und wir lernen einiges hinzu. Highlight im wahrsten Sinne des Wortes. Ein 360 Grad Panorama in der Kuppel des Museums. Pädagogisch wertvoll, historisch sicherlich nicht ganz am Ball, liegen überall davor Trümmer, Schilde etc. herum. Der Boden ist gesprickt mit Pfeilen und könnte auch für die Fortsetzung von Herr der Ringe-Filmen genutzt werden. Das ganze Spekatakel wird durch eine ohrenbetäubende Soundkullisse noch vergrössert. Die großen Belagerungskanonen ballern im Minutentakt (die echten konnten wohl am Tag nicht einmal mehr als 10 Schüsse abgeben). Dazwischen jede Menge türkische Clans, die sich um die besten Panoramastellen zanken, um das Familienfoto für den abstehenden Victroy Day anzufertigen. Wir haben uns recht schnell dem Beispiel unserer christlichen Vorfahren angeschlossen und das Weite gesucht.

Anstelle fiktionalem Panorama, gabs dafür dann die echte Stadtmauer. Und die ist in der Tat beeindruckend. Auch nach über 1500 Jahren und der Eroberung Byzanzs stehen weite Teile dieser Verteidigungslinie annähernd unbeschadet. Wind, Wetter, Erdbeben und Eroberungsgelüste konnten diesem menschlichen Machwerk wenig abtrotzen. Das Mauerwerk ist an allen Stellen mehr als 3 Meter dick. Die geschickt konstruierte Verteidigungslinie allerdings auch immer wieder 3-5 fach aufgestellt, so dass die Mauer selbst in Teilen auf mehr als 15 Meter Breite kommt. Der angrenzende Park wird mehr von Obdachlosen und Alkoholikern genutzt. Wir waren auch wieder die einzigen Touris. Und das kilometerlang. Am Ende unserer Wanderung fällt uns auf, dass wir wirklich einmal das alte Konstantinopel umrundet haben. Irrtümlicherweise hatte ich ab dem goldenen Horn auf ein Schiffsshuttle gehofft, dass sowohl im Baedecker als auch bei Google Maps verzeichnet war.  Beides aber anscheinend auch nur historische Aufzeichnungen. Teils waren die Anleger nicht mal mehr vor Ort, teils geschlossen. So sind wir dann am Ende eben auch noch einmal das komplette goldene Horn runter gelaufen. Spannend wars allemal!

 

Unmut gab es auch nur einmal. Pünktlich zur Mittagszeit melden sich unsere Mägen mit der unmissverständlichen Aufforderung nach Nahrung. Während Kathi ein gediegenes Cafe/Bistro unter der Mauer ansteuert, zieht es mich mehr zu einem lokalen Imbiss für Taxifahrer und Laufburschen. Gelohnt hat sich die Diskussion aber am Ende schon. Kahti bekommt den bisher besten Tavuk-Döner und ich traue mir mal wieder was Unbekanntes zu. Der Wink auf ein aufgehängtes Bild eines Sandwiches, das mit kleinen Fleischwürfeln gefüllt ist, bringt mir einen Döner aus gehackter und gebratener Rinderleber ein. Zur Sicherheit gibts noch einen Hamburger hinterher. Auch der bisher beste!

Heute ist Nationalfeiertag. Wir begehen ihn mit Putzen, Ausrugen und bloggen!

Bis bald meine Freunde! Wir melden uns weiterhin!
Gülle Gülle, Kathi und Raoul

One Response to “Nothing new, but a lot of the real old stuff!”

  • Rouven

    Hallo Ihr beiden.
    Lechzend nach neuen Geschichten aus dem Morgenland drückte ich mehr oder weniger regelmäßig auf den bei meinen Favoriten gespeicherten Link. Und siehe da – heute eine neue Nachricht. Macht weiter so und lasst Euch nicht unterkriegen. Hilke und ich wünsche Euch eine wunderbare Zeit am Rande des Kontinents.
    Alles Gute, jetzt grad aus Miami,
    Rouven

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